Diabetes mellitus Symptome der Blutzuckerkrankheit
| Autor: Dr. Harald Stephan
Ursachen, Symptome, Komplikationen und Behandlung bei Diabetes mellitus
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Als Diabetes mellitus, (umgangssprachlich kurz: Diabetes oder Zuckerkrankheit) bezeichnet man eine Reihe endokrinologischer Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels. Alle sind darauf zurückführen, dass Insulin in nicht ausreichender Menge hergestellt wird oder nicht wirksam ist. Dadurch kommt es zu einer chronischen Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Mit einer Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen ) von etwa 5 % ist der Diabetes mellitus eine häufigsten chronischen Erkrankungen. Man bezeichnet ihn häufig neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs als Volkskrankheit.
Diabetes mellitus – Was bedeutet die Zuckerkrankheit
Was ist der Blutzucker?
Blutzucker ist der Anteil an Glukose (Traubenzucker) im Blut. Dieses Monosaccharid ist der «wichtigste Energielieferant des Körpers». Vor allem das Gehirn benötigt sie für seine Arbeit. Eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) führt zu seiner Unterversorgung, die sich in Zittern, Krämpfen und Schweißausbrüchen äußert und schlimmstenfalls zum Koma führt. Dagegen kann eine chronische Überzuckerung (Hyperglykämie) Anzeichen eines Diabetes sein.
Regulation des Blutzuckerspiegels
Übergeordnetes Organ zur Blutzuckerregulation ist der Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse). Sensoren in den Blutgefäßen stellen sicher, dass ein Blutzuckerwert von «80 – 120 mg/dl» eingestellt wird. Steigt er nach einer Mahlzeit, veranlasst die Hypophyse die Ausschüttung von Insulin. Dieses führt in Leber und Muskeln zur Synthese der Speichersubstanz Glykogen aus Glukose, die so dem Blut entzogen wird.
Sinkt der Blutzuckerspiegel infolge körperlicher Aktivität, werden Adrenalin und Kortikoide aus der Nebenniere und Glukagon aus der Bauchspeicheldrüse freigesetzt. Der Abbau von Glykogen führt zur Freisetzung von Glukose, der Blutzucker steigt.
Produktion und Aufgaben des Insulins
Insulin hat seinen Namen von inselartigen Strukturen in der Bauchspeicheldrüse. Diese bestehen aus A- und B-Zellen. A-Zellen bilden Glukagon, das den Blutzuckerspiegel anhebt, B-Zellen Insulin, das ihn senkt. Die Hormone gelangen in den Blutkreislauf und regulieren gemeinsam den Blutzuckerspiegel.
Einteilung des Diabetes mellitus
Beim Diabetes mellitus lassen sich zwei Hauptgruppen unterscheiden:
Typ I-Diabetes (primärer D., insulinabhängiger D., jugendlicher D., absoluter Insulinmangel)
Autoimmunerkrankungen oder Virusinfektionen führen zu einer Degeneration vieler B-Zellen, die dadurch kein Insulin mehr herstellen. Die Erkrankung tritt bevorzugt in jungen Jahren innerhalb weniger Tage bis Wochen auf und führt unbehandelt zum Koma. ( Diabetes mellitus Typ 1 )
Typ II-Diabetes (sekundärer D., insulinunabhängiger D., Altersd., relativer Insulinmangel)
Beim Typ II-Diabetes ist der Krankheitsverlauf schleichend. Insulin wird eigentlich in ausreichender Menge produziert, kann aber aus noch nicht vollständig geklärten Gründen seine Wirkung nicht mehr entfalten («Insulinresistenz»). Der langsame Krankheitsverlauf führt zu einer Reihe irreversibler Organschädigungen, sodass auch hier dringender Therapiebedarf besteht.
Symptome des Diabetes mellitus
Allgemeine Symptome. Der Diabetes mellitus äußert sich bei beiden Formen in ähnlichen Symptomen. Steigt der Blutglukosewert über 200 mg/dl, wird Traubenzucker über den Harn ausgeschieden. Dafür sind große Wassermengen nötig. Deswegen haben Diabetiker ständig Durst und müssen müssen mit Harndrang zur Toilette. Daher auch der Name: Diabetes mellitus bedeutet honigsüßer Durchfluss.
Die ausgeschiedene Glukose fehlt als Energielieferant. Das führt zu einer allgemeinen Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Gewichtsabnahme und Leistungsminderung.
Fette verbrennen im Feuer der Kohlenhydrate lautet ein medizinischer Merksatz. Fehlen Kohlenhydrate, erfolgt der Fettabbau nicht mehr vollständig. Die Abbauprodukte, sogenannte Ketokörper, sammeln sich im Blut an und gelangen in Urin und Atemluft. Dadurch sinkt der natürliche pH-Wert des Blutes (Azidose), der Atem riecht fruchtig-säuerlich und im Urin ist Aceton nachweisbar.
Akutkomplikationen bei Diabetes mellitus
Zum hypoglykämische Schock kommt es bei Blutzuckerabfall unter 40 mg/dl. Dieser führt zu Kopfschmerzen, Krämpfen, Koordinationsstörungen und letztlich zum Koma. Beim ketoazidischen Koma tritt Aceton im Urin auf und der Blutzucker steigt über 300 mg/dl. Es folgen Übelkeit, Bauchschmerzen und Erbrechen, Sehstörungen und letztlich Koma.
Spätkomplikationen
sind Gefäßveränderungen der Netzhaut (Retinopathien), Nierenschäden (Nephropathien), Polyneuropathien und Makroangiopathien (koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Gefäßverkalkungen, Schlaganfall).
Untersuchungsmethoden bei Diabetes mellitus
Bei der Zuckerkrankheit kommen zahlreiche diagnostische Verfahren zum Zuge. Hier seien nur die Wichtigsten genannt.
– Eine Blutzuckerbestimmung lässt sich auch daheim durchführen. Dazu wird ein Teststreifen in ein Messgerät gesteckt. Der Streifen hat eine kleine Kapillare, in die man einen Tropfen Kapillarblut aus der Fingerkuppe aufzieht. Ein Biosensor im Teststreifen setzt die Glukose enzymatisch um und generiert aus dieser Information ein elektrisches Signal. Das Messgerät errechnet daraus den Blutzuckerwert.
– Urinuntersuchung. Spezielle Teststreifen ermöglichen eine schnelle und einfache Messung von Zucker oder Aceton im Urin. Der Grad der Verfärbung gibt Auskunft über die ungefähre Konzentration.
– Langzeitblutzucker. HbA1c ist ein Molekül des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin, an das sich Glukose angelagert hat. Da die roten Blutkörperchen eine Lebensdauer von acht bis zwölf Wochen haben, gibt dieser Prozentwert an, wie oft der Blutzucker in dieser Zeit erhöht war. Normal sind Werte um 5 %, Diabetiker liegen darüber. Ein HbA1c von 10 % lässt darauf schließen, dass in der angegebenen Zeit der durchschnittliche Blutzuckerwert um 150 mg/dl gelegen hat.
Diagnose des Diabetes mellitus
Die vermehrte Ausscheidung von Glukose über die Nieren nutzen Ärzte früher zur Diagnose, indem sie den Urin auf süßlichen Geschmack prüften. Heute ziehen sie Blutzuckermessungen vor, der dank moderner Messgeräte schnell und einfach durchführbar sind. Kennzeichnend ist ein wiederholter Nüchternblutzucker über 120 mg/dl oder Blutzuckerwerte über 180 mg/dl. Nach oralem Glukosetoleranztest (oGTT) bleibt bei Diabetikern die Blutglukose mindestens zwei Stunden über 200 mg/dl.
Risikofaktoren für das Auftreten des Diabetes mellitus
Bei vielen Diabetikern treten weitere Stoffwechselstörungen auf. Dazu zählen Bluthochdruck (Hypertonie) und erhöhte Blutfettwerte (Hyperlipidämie, Hypercholesterinämie). Fettleibigkeit (Adipositas) ist die Hauptursache für krankhafte Veränderungen im Fett- und Zuckerstoffwechsel. Man spricht bei dieser Kombination von Krankheiten und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vom «metabolischen Syndrom».
Therapie des Diabetes mellitus
Typ I-Diabetiker müssen mit Insulin behandelt werden. Typ II-Diabetikern bekommen Insulin erst, wenn orale Antidiabetika wie das zu Beginn der Erkrankung eingesetzte Metformin keine Wirkung mehr zeigen.
Früher musste man die genau berechnete Insulinmenge mit Spritze und Kanüle aus einer Ampulle holen und injizieren. Heute gibt es spezielle «Insulin-Pens», die das Hormon in einer Patrone enthalten. Die erforderliche Menge wird per Knopfdruck mittels einer Einmalnadel ins Unterhautfettgewebe des Bauches oder Oberschenkels injiziert. Das ist einfach in der Handhabung und so gut wie schmerzfrei.
Literatur
H. Schatz, A. F. H. Pfeiffer (Hrsg.): Diabetologie kompakt. Grundlagen und Praxis. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2019. ISBN 978-3-642-41357-5.