Erhöhte MCHC-Blutwerte im Blutbild
Folgen einer zu hoher Hämoglobinkonzentration
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Die durchschnittliche Hämoglobinkonzentration, der MCHC-Wert, ist im Blutbild nur in selten Fällen erhöht. Erhöhte Werte des MCHC bedeuten, dass mehr roter Blutfarbstoff Hämoglobin in jedem Erythrozyten steckt als normalerweise.
In der Klinik kommt eher das Gegenteil vor, sodass erhöhte MCHC-Blutwerte relativ charakteristisch für einige wenige Erkrankungen sind – oder für falsche Messwerte in der Hämatologie.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die durchschnittliche Hämoglobinkonzentration in einem roten Blutkörperchen bezeichnet man in der Labormedizin als MCHC-Wert.
- Dieser Wert ist rein rechnerisch und wird als Quotient aus Gesamt-Hämoglobingehalt einer Blutprobe und Erythrozytenmasse bestimmt.
- Wie die beiden anderen Erythrozytenparameter MCV und MCH ist auch der MCHC-Wert bei Formen der Blutarmut (Anämie) verändert.
- Erhöhte MCHC-Werte treten klinisch fast nur bei einer Sichelzellanämie oder einer angeborenen Kugelzellanämie auf.
- In vielen Fällen bedeuten zu hohe MCHC-Werte, dass bei der Blutentnahme oder der Messung im Gerät etwas nicht stimmt.
Wie wird der MCHC-Blutwert bestimmt?
Bei den Laborwerten des Blutbildes betrachtet man den MCHC-Wert niemals isoliert, sondern immer in der Zusammenschau mit den übrigen Erythrozytenparametern MCH und MCV, die Auskunft über Größe und Hämoglobingehalt der roten Blutzellen geben.
Da der Hämoglobingehalt ein Maß für die Transportfähigkeit von Sauerstoff und Kohlendioxid ist, sind diese Erythrozytenparameter wichtige Hinweise auf die Funktionsfähigkeit der roten Blutkörperchen.
MCHC (mean corpuscular hemoglobin concentration) bedeutet sinngemäß durchschnittliche Hämoglobinkonzentration. Natürlich macht sich kein Labor die Mühe, ein einzelnes rotes Blutkörperchen auf Mark und Nieren zu prüfen und die Menge an Hämoglobin in seinem Inneren zu bestimmen.
Stattdessen nimmt man den gesamten Hämoglobingehalt der Blutprobe eines Patienten (HB-Wert, HGB) und teilt ihn durch die Erythrozytenmasse, die Menge roter Blutkörperchen oder Hämatokrit (HKT) im gleichen Blutvolumen – Ergebnis ist der Mittelwert des Hämoglobingehaltes.
Denn der rote Blutfarbstoff ist im Blut nur in den Erythrozyten enthalten. Die Formel dafür lautet
MCHC = Hämoglobin / Hämatokrit
Andererseits kann man das durchschnittliche Erythrozytenvolumen MCV (mean corpuscular volume) und den mittleren Hämoglobingehalt des Blutes MCH (mean concentration of hemoglobin) schnell ineinander umrechnen, sobald man zwei Werte zur Verfügung hat, und zwar nach der Formel
MCHC = MCH / MCV.
Die Bestimmung dieser Blutwerte geschieht in modernen Hämatologie-Analyzern innerhalb von Sekunden und ist fester Bestandteil im großen und kleinen Blutbild.
Was haben zu hohe MCHC-Werte zu bedeuten?
Ist der MCHC-Blutwert zu hoch, ist das eher ungewöhnlich, denn das bedeutet, dass zu viel Hämoglobin in jedem roten Blutkörperchen steckt. Normalerweise geht der Körper ausgesprochen sparsam mit dem Hämoglobin um, da dafür das Spurenelement Eisen notwendig ist.
Daher kann der rote Blutfarbstoff nur gebildet werden, wenn die Eisenreserven ausreichend gefüllt sind und genug Eisen mit der Nahrung zugeführt wird. Daher ist es unwahrscheinlich, dass das rote Knochenmark so spendabel mit dem kostbaren Gut umgeht. Dementsprechend ist der MCHC-Wert eine sehr stabile Größe, die sich nur selten ändert – am seltensten nach oben hin.
Der häufigste Grund für zu hohe MCHC-Werte
sind Fehler bei der Messung. Wegen seiner Stabilität verwendet man in der Hämatologie den MCHC gerne als Kontrollwert, mit dem sich Fehler bei der Gerätefunktion nachweisen lassen. Als Patient sollten Sie davon allerdings nichts mitbekommen – wenn etwas mit den Hämatologiegeräten nicht stimmt, misst man Ihre Blutprobe an einem anderen, sodass Sie auf jeden Fall korrekte Blutwerte von Ihrem Hausarzt erhalten.
Eine Möglichkeit für falsche Messwerte ist eine Hämolyse, eine Auflösung roter Blutkörperchen. Dadurch bleibt der Gesamtgehalt an Hämoglobin in der Blutprobe erhalten, nur werden durch die Hämolyse viel zu niedrige Erythrozytenzahlen gemessen. Daher erscheint der MCHC-Wert erhöht.
Das passiert beispielsweise bei unsachgemäßer Blutentnahmen, etwa wenn die medizinische Fachkraft bei Aspirationsröhrchen zu stark an der Spritze zieht. Durch den Sog und die in der Kanüle auftretenden Scherkräfte gehen rote Blutkörperchen zu Bruch und liefern falsche MCHC-Blutwerte.
Fehlerhafte MCHC-Werte durch Kälteagglutinine
Agglutinine haben ihren Namen erhalten, weil sie rote Blutkörperchen verklumpen (agglutinieren). Bei Kälteagglutininen handelt sich um Autoantikörper, die der Körper gegen körpereigene Strukturen richtet, in diesem Falle gegen bestimmte Oberflächenproteine der roten Blutkörperchen.
Sie sind vom IgM-Typ und werden erst bei niedrigen Temperaturen unterhalb von 10 – 15 °C aktiv. Dann führen sie zu einer (reversiblen) Verklumpung von Blutplättchen (Thrombozyten) und Erythrozyten und teilweise zu einer (irreversiblen) Auflösung roter Blutkörperchen (Hämolyse).
Das ist bei kaltem Wetter der Fall und lediglich bei exponierten Körperteilen wie Fingern, Zehen, Nase und Ohren, die erheblich niedrigere Temperaturen aufweisen können als die normaler Körper-Kerntemperatur von 37 °C. Patienten mit reichlich Kälteagglutininen im Blut leiden daher bei kalten Aussentemperaturen an einer Akrozyanose, eine Blaufärbung dieser exponierten Körperstellen (Akren) mit Schmerzen und verengten und verstopften kleinen Blutgefäßen. Werden Finger und Zehen durch solche verengten Kapillaren anfallsartig kreidebleich und kalt, bezeichnet man das medizinisch als Raynaud-Symptomatik.
Autoantikörper gegen körpereigene Strukturen sind eigentlich fehlerhafte Produkte, denn Antikörper sollten nur gegen Fremdsubstanzen wie Bakterien, Viren und Einzeller gerichtet sein. Trotzdem finden sich kleine Mengen Kälteagglutinine in vielen Patienten. Vermehrt treten sie auf, wenn eine Infektion mit Eppstein-Barr-Virus (EBV – Pfeiffersches Drüsenfieber, Mononukleose, kissing disease), Rubella-Virus (Röteln) oder Mykoplasmen vorliegt.
Hohe Titer solcher Kälteagglutinine treiben den MCHC-Wert in die Höhe. Bei Temperaturen unter 37 °C verklumpen die Blutzellen und das Messgerät misst viel zu wenige rote Blutkörperchen mit viel zu hohem Hämoglobingehalt. Solche falschen Messwerte lassen sich jedoch leicht korrigieren, indem man die Blutprobe von Patienten mit hohen Kälteagglutinin-Werten vorher kurz erwärmt. Dadurch geht die beschriebene Agglutination zurück, sodass der MCHC sich wieder normalisiert.
Seltene Ursache für hohe MCHC-Werte: Sichelzellanämie
Die Sichelzellanämie (Drepanozytose) ist eine Erbkrankheit, bei der aufgrund eines Gendefektes anstelle des normalen Hämoglobins HbA das Sichelzell-Hämoglobin HbS gebildet wird.
Bei Sauerstoffmangel bildet das HbS fibrillenartige Strukturen aus, durch die sich die roten Blutkörperchen zu sichelförmigen Strukturen, den Sichelzellen verändern. Diese sind nicht so elastisch wie die normalen Erythrozyten und verstopfen daher die feinen Blutgefäße. Im Extremfall kommt es zu lebensbedrohlichen Durchblutungsstörungen, Thrombosen und Embolien (Sichelzellkrise).
Neben akuten Formen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und Nierenversagen kommt es zu einer chronischen Blutarmut in Form der Sichelzellanämie, einer hämolytischen Anämie: Sichelzellen bleiben vermehrt im Maschenwerk der Milz hängen, die diese Zellen wie überalterte Erythrozyten aussortiert und abbaut. Als Folge davon kommt es zu einem verstärkten Abbau und damit einem Anstieg des MCHC-Wertes.
Von diesen Erscheinungen sind vor allem homozygote Träger des Sichelzellgens betroffen. Bei heterozygoten Trägern liegt nur wenig Sichelzellhämoglobin vor und treten nur wenige Sichelzellen auf. Einen positiven Effekt hat die Sichelzellanämie in tropischen Gebieten: Die veränderten Erythrozyten werden nicht so schnell von Trypanosomen befallen, die Malaria verursachen. Daher nimmt man an, dass das Sichelzellgen in den Tropen einen Selektionsvorteil darstellt.
Angeboren hohe MCHC-Werte: Kugelzellanämie (Sphärozytose)
Auch die Kugelzellanämie oder hereditäre Sphärozytose ist eine hämolytische Anämie. Hier liegt ein erblicher Gendefekt vor, durch den das Ankyrin und Spektrin der Erythrozyten verändert ist. Beides sind Strukturproteine, die die typische Drops-Form der roten Blutkörperchen stabilisieren, scheibenförmig mit Dellen auf beiden Seiten. Durch das Fehlen dieser Strukturen nehmen die Zellen die günstigste Form an und werden zu kugelförmigen Sphärozyten.
Ähnlich wie die Sichelzellen oder überalterte Erythrozyten bleiben auch Sphärozyten leicht im maschenförmigen Trabekelwerk der Milz hängen und werden aussortiert – es kommt zu einer hämolytischen Anämie mit erhöhten MCHC-Werten.
Hinzu kommt typischerweise eine angeschwollene Milz (Splenomegalie), erhöhte Bilirubinwerte durch den verstärkten Hämoglobinabbau mit Gelbsucht (Ikterus) und krankhafter Einlagerung des aus dem Blutfarbstoff freigesetzten Eisen in der Leber (Hämochromatose), die zu Leberzirrhose führt.
Quellen, Links und weiterführende Literatur
- Klaus Dörner: Taschenlehrbuch Klinische Chemie und Hämatologie. 8. Auflage. Stuttgart 2019: Georg Thieme-Verlag. ISBN-10: 3131297182.
- Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2019: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
- Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2019: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076. - Nicole Schaenzler, Wilfried P. Bieger: Laborwerte: Alles über Normbereiche, Befunde und Co. 6. Auflage. München 2019: Gräfe & Unzer-Verlag.
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